Ohren auf beim Schreiben
Texte zum Hören verfassen

Ohren auf beim Schreiben
Texte zum Hören verfassen

Ohren auf beim Schreiben
Texte zum Hören verfassen
1920 706 Sophie Burger

Warum Texte zum Lesen nicht unbedingt fürs Hören geeignet sind und was du beim Schreiben beachten musst, damit dein Text auch im Audioformat funktioniert.

Lesen und Hören

Wenn wir uns die Diskussion um Buch vs. Hörbuch anschauen, gibt es zwei widersprüchliche Perspektiven. Die einen hören Hörbücher gern nebenbei, also beim Joggen, Pendeln oder Kochen. Die anderen verlieren schon beim konzentrierten Zuhören schnell den Faden, weil die Geschichte nicht ihrem Tempo entspricht. 

Ich gehöre eindeutig zur zweiten Gruppe. Bei Hörspielen komme ich sogar noch schneller raus, weil ich oft zu beschäftigt damit bin, die Kontexte nachzuvollziehen (wer spricht gerade mit wem?), um mitzukriegen, was eigentlich gesagt wird. Beim Lesen halte ich öfter mal inne und lasse meine Gedanken schweifen oder lese Passagen zweimal, aber beim Hörbuch- oder Hörspielhören ist das nicht möglich. 

Die Hauptunterschiede zwischen Lesen und Hören von Geschichten liegen für mich genau hier: beim von Außen vorgegebenen Tempo und dabei, dass ich die Inhalte nur einmal hören kann. Bei deinem Audiowalk solltest du den Zuhörenden die Möglichkeit geben, ihr Tempo an die Geschichte anzupassen. Passt die Umgebung zur Erzählung, unterstützt sie das Verständnis und sorgt für ein Gefühl von Sicherheit: Hier bin ich richtig! Wechselst du hingegen oft zwischen Gegenwart, Vor- und Rückblenden oder beziehst du dich auf eine Umgebung, in der sich die Hörenden gar nicht befinden, sorgt das für Verwirrung und Unsicherheit. 

Eine fehlplatzierte oder unglücklich formulierte Wegbeschreibung kann dazu führen, dass deine Zuhörer*innen komplett den Faden verlieren. Während du schon weiter erzählst, suchen sie noch das Straßenschild, an dem sie sich orientieren können. Versuche daher immer, dich auf Dinge zu beziehen, die gut sichtbar und erkennbar sind – oder lass genügend Zeit, um sich auf das Suchen eines Details zu konzentrieren. Mehr dazu, wie du Wegbeschreibungen in deinen Audiowalk integrieren kannst, habe ich hier geschrieben.

Damit dein Audiowalk auch funktioniert, wenn er nur einmal gehört wird, musst du so schreiben, dass ihn deine Zuhörer*innen möglichst schnell erfassen können. Wie machst du das? 

Der Audiocheck

Ich muss zugeben, dass ich meine Texte meist nicht direkt für Audio verfasse. Die wenigsten Autor*innen sind es gewohnt, Hörtexte zu schreiben und auch mir fällt es im Schreibfluss schwer, alle Besonderheiten zu beachten. Deshalb mache ich nach dem eigentlichen Schreiben nochmal einen Audiocheck. 

Dabei lese ich den Text laut und achte darauf, ob er sich gut spricht und ob es Stellen gibt, an denen ich schon beim Sprechen hängenbleibe. 

Denn wenn ich den Text geschrieben habe und gut kenne, und dennoch beim Lesen stolpere, wie soll dann jemand, der oder die den Text noch nie gehört hat, ihn beim ersten Anhören erfassen? 

Nimm den letzten Satz als Beispiel. Beim Lesen ist er zwar lang, aber doch gut zu verstehen (hoffe ich). Wie würde ich diesen Satz also für Audio formulieren? Vielleicht so:

“Es ist schwierig, Texte beim ersten Anhören zu erfassen. Wenn ich beim Vorlesen über meinen eigenen Text stolpere, ist das ein klares Zeichen dafür, dass er zu komplex ist.

Was habe ich hier gemacht? Zunächst einmal habe ich den langen Satz in zwei kürzere unterteilt und die wichtigste Information nach vorne geholt. Beim Zuhören fällt es wesentlich leichter, einer Argumentation zu folgen, wenn ich schon weiß, worauf sie hinausläuft. Den zweiten Teil habe ich etwas gekürzt. Das geht aber noch besser:

“Es ist schwierig, Texte zu erfassen, wenn man sie zum ersten Mal hört. Stolpere ich beim Vorlesen über meinen eigenen Text, ist er zu schwierig.

Aus dem Einschub “beim ersten Anhören” habe ich einen Nebensatz gebaut, damit “Texte zu erfassen” als das eigentliche Thema des Satzes noch näher an den Anfang rückt. So ist ist es auch weniger abstrakt. Den zweiten Satz habe ich weiter gekürzt und das Wort “komplex” durch das gebräuchlichere “schwierig” ersetzt. Beim Lesen würde mich die Ungenauigkeit und die Wortwiederholung von “schwierig” irritieren, beim Hören aber kommt mehr an, wenn ich mich einfach ausdrücke und wichtige Worte wiederhole, statt Synonyme zu verwenden.

Texte für Audio überarbeiten heißt also vor allem eins: vereinfachen. Für mich hat der Audiocheck deshalb gleich zwei tolle Nebeneffekte. Erstens wird der Text klarer. Und zweitens wird er kürzer. Und gekürzt werden müssen 95% der Audiowalks sowieso, damit das Timing besser passt. 

Die Hauptbetonung finden

Den wichtigsten Tipp zum Vereinfachen hat mir die Sprechtrainerin Heike Ahlsdorff gegeben, die mit mir das Podcastskript für den Storydive-Podcast durchgegangen ist:

Achte darauf, dass jeder Satz eine – und nur eine! – Hauptbetonung hat. 

Was bedeutet das? Wir sind das Skript Satz für Satz durchgegangen und haben überlegt, welche Information in diesem Satz neu ist. Und, siehe da, oft hatte ich gleich zwei oder drei wichtige Infos in einen Satz gepackt. Ein Beispiel:

Warum dieser Podcast? Wir beschäftigen uns seit zehn Jahren mit dem Thema und möchten unser Wissen jetzt mit dir teilen. Unsere Vision von Storydive ist nämlich, dass Autorinnen und Autoren überall auf der Welt ihre Geschichten in einem neuen, immersiven Audioformat erzählen können.

Aus der ersten Folge unseres Storydive Schreibworkshop Podcasts „Unsere Idee und wie es dazu kam“

Nehmen wir mal den letzten Satz, welche Worte könnten hier theoretisch betont werden?

Unsere Vision von Storydive ist nämlich, dass Autorinnen und Autoren überall auf der Welt ihre Geschichten in einem neuen, immersiven Audioformat erzählen können.”

“Unsere Vision von Storydive ist nämlich, dass Autorinnen und Autoren überall auf der Welt ihre Geschichten in einem neuen, immersiven Audioformat erzählen können.”

“Unsere Vision von Storydive ist nämlich, dass Autorinnen und Autoren überall auf der Welt ihre Geschichten in einem neuen, immersiven Audioformat erzählen können.”

“Unsere Vision von Storydive ist nämlich, dass Autorinnen und Autoren überall auf der Welt ihre Geschichten in einem neuen, immersiven Audioformat erzählen können.”

“Unsere Vision von Storydive ist nämlich, dass Autorinnen und Autoren überall auf der Welt ihre Geschichten in einem neuen, immersiven Audioformat erzählen können.”

“Unsere Vision von Storydive ist nämlich, dass Autorinnen und Autoren überall auf der Welt ihre Geschichten in einem neuen, immersiven Audioformat erzählen können.”

“Unsere Vision von Storydive ist nämlich, dass Autorinnen und Autoren überall auf der Welt ihre Geschichten in einem neuen, immersiven Audioformat erzählen können.”

“Unsere Vision von Storydive ist nämlich, dass Autorinnen und Autoren überall auf der Welt ihre Geschichten in einem neuen, immersiven Audioformat erzählen können.”

Puh. Es gibt noch ein paar andere Möglichkeiten, aber das soll für’s erste reichen. Diesen Satz habe ich eindeutig nicht im Hinblick aufs Sprechen geschrieben, denn als Heike mich fragte: welche Information ist denn hier die wichtigste? Wo soll die Betonung liegen? wusste ich keine Antwort. Vision, Autorinnen und Autoren, immersiv und Audioformat sollten es eigentlich schon sein. Also – 

“Unsere Vision von Storydive ist nämlich, dass Autorinnen und Autoren überall auf der Welt ihre Geschichten in einem neuen, immersiven Audioformat erzählen können”? 

Nein, das klingt total angestrengt und daneben (lies es mal laut, wenn du mir nicht glaubst). Okay, sagte sie. Dann mach mehr Sätze daraus. Und das versuche ich jetzt mal:

“Hinter Storydive steht eine Vision. Wir möchten ein Audioformat erschaffen, das das Eintauchen in Geschichten ermöglicht. Autorinnen und Autoren überall auf der Welt sollen ihre Geschichten in diesem neuen Format erzählen können.”

Genau. Und deshalb schreibe ich auch diesen Blog. 

Wie machst du das jetzt mit der Betonung? Ganz einfach. Du gehst deinen Text Satz für Satz durch und unterstreichst das Wort, das die Hauptbetonung erhalten soll. In der Regel bringt dieses Wort eine neue Information ins Spiel. Kannst du dich nicht zwischen zwei (oder noch mehr) Worten entscheiden, gib jedem Wort Raum und mach einfach mehrere kurze Sätze daraus.

Das Skript für die Aufnahme vorbereiten

Wenn du mit dem Audiocheck durch bist, kannst du das Skript für die Sprecher*innen vorbereiten. Dabei ist zum einen wichtig, dass du genau kennzeichnest, wer welche Partie spricht. Zum anderen kannst du das Vorbereiten der Rolle erleichtern, indem du Regieanweisungen einfügst. 

Alles in allem brauchst du nicht viele Anweisungen, denn anders als im Theater sehen wir die Figur ja nicht, es geht also nur um Emotionen, die sich in der Stimme spiegeln. Schau einfach, an welchen Stellen sich die Stimmung der jeweiligen Figur ändert. Versuch, die jeweilige Stimmung in einem Stichwort (z.B. genervt, verträumt, fröhlich, wütend, energisch, ironisch, in Gedanken, traurig, gelangweilt, aufgeregt, sachlich oder z.B. außer Atem, flüsternd – es muss nichts ausgefallenes sein) zu beschreiben. Die Regieanweisung kommt immer vor dem Part, für den sie gilt. Diese kurze Beschreibung gibt den Sprecher*innen und der Regie einen Rahmen, an dem sie sich orientieren können. 

Dialoge schreiben

Ein Punkt, den ich damit noch gar nicht angesprochen habe, ist das Verfassen von Dialogen für einen hörspielähnlichen Audiowalk. 

Dialoge schreiben für Romane ist schon schwierig genug, aber immerhin hast du dort die Möglichkeit, den Kontext und die Reaktionen der Beteiligten außerhalb des Dialogs zu beschreiben. Im Theater habe ich Bühnenbild, Requisiten und natürlich die Körper der Schauspieler*innen, die dem Text durch ihre Mimik und Gestik eine neue Ebene geben. Im Hörspiel habe ich nur, was es zu hören gibt (deshalb sind die Regieanweisungen auch so wichtig, weil viel über die Emotionen in der Stimme kommuniziert wird). 

Zu den Dialogen kommen zwar durchaus Geräusche hinzu, die helfen, die Geschichte mit zu erzählen. Der Wecker, das Telefon, eilige Schritte, Atemgeräusche, stimmungsvolle Musik, das alles unterstützt die Erzählung. Beim Hörspiel gilt die Regel: Dinge, die man auch direkt über Geräusche oder Effekte hörbar machen kann, haben im Dialog nichts verloren. Aber die wichtigsten Inhalte musst du in den Dialogen unterbringen. Nur: Dialoge, in denen die Figuren versuchen, den kompletten Kontext mit zu erzählen, wirken unnatürlich und gewollt. Über das, was für uns im Alltag offensichtlich ist, sprechen wir meist nicht. Zum Thema “natürliche und unnatürliche Dialoge” gibt es online jede Menge Beispiele, zum Beispiel hier bei Schreibsüchtig oder hier bei Hörtalk.

Zum Glück hast du es bei einem Audiowalk ein kleines bisschen leichter als beim Hörspiel. Du musst nicht alles über die Dialoge erzählen – die Umgebung erzählt ja auch mit. Die Figuren können direkt auf ihre Umgebung reagieren und darin agieren, weil sich die Hörer*innen ja am selben Ort befinden. Und deshalb gilt hier nicht nur, dass du nicht zu beschreiben brauchst, was auch anderweitig hörbar gemacht werden kann, sondern dass du auch auf die Beschreibung dessen, was man sehen kann, weitgehend verzichten kannst, sofern es nicht Teil der Wegbeschreibung ist. 

Mach dir dabei bewusst, dass eine Umgebungsbeschreibung nicht dasselbe ist wie ein Umgebungsbezug. Eine Beschreibung wäre zum Beispiel “am Wegrand stehen mehrere kleine Schaukästen für Pflanzen, die bis auf ein paar Steine jedoch leer sind”. Als Bezug hingegen könnte eine Figur sagen: “Hier finden wir ihn nicht. Steine hat er schon genug gesehen im Leben.” Dabei erfahren wir nicht etwas über die Umgebung, sondern über eine der Figuren. 

Ich hoffe, dass dir diese Tipps helfen, dein Skript zu einem echten Hörtext zu machen. Und wenn dir das mit den Dialogen noch zu schwierig vorkommt: kein Problem, du kannst deinen Audiowalk weiterhin auch als Erzählung schreiben oder die Dialoge mit einer Erzählstimme kombinieren. 

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